FC SCHALKE 04. Binnen weniger Stunden nach der Bekanntgabe, dass Benedikt Höwedes zu Gast sein wird bei der beliebten Nostalgie-Reihe „90 Minuten – ein Abend unter Schalkern“, waren sämtliche Plätze vergriffen. Alle Fans, die sich für die Veranstaltung im „Tibulsky“ am Dienstag (19.3.) in der VELTINS-Arena angemeldet hatten, sollten nicht enttäuscht werden.
Der S04-Ehrenspielführer präsentierte sich bestens aufgelegt und plauderte deutlich länger als die ursprünglich angesetzten 90 Minuten über seine spannende Karriere und seine weiterhin große Verbundenheit zu den Königsblauen.
„Bene ist von vielen großen Schalkern, die es gab und gibt, ein ganz besonderer.“ Mit diesen Worten eröffnete Moderator Jörg Seveneick um Punkt 19.04 Uhr den Abend. Was folgte, war lautstarker Applaus der rund 300 Gäste, bevor ein kurzer Film mit emotionalen Bildern aus den vergangenen zwei Jahrzehnten an Höwedes’ außergewöhnliche Karriere erinnerte.
Norbert Elgert beeindruckt nicht nur der Sportler Höwedes
Ein Protagonist in diesem mehrminütigen Einspieler war Norbert Elgert, damals wie heute U19-Trainer in der Knappenschmiede. Ein Mann, der den späteren Weltmeister in jungen Jahren stets gefordert und gefördert hatte. Und der ebenfalls im Tibulsky vor Ort war – auf Einladung von Höwedes. „Ich hatte eine überragende Zeit in der A-Jugend. Wir hatten einen tollen Team-Spirit. Aus diesen beiden Jahren habe ich vieles für meine weitere Karriere mitgenommen“, erzählte Höwedes und richtete noch einmal seinen Dank an den Fußballlehrer, unter dem er 2006 Deutscher Meister geworden ist. Die Verbindung zu Norbert Elgert sei nie abgebrochen, unterstrich der heute 36-Jährige. „Der Coach hatte während meiner gesamten Karriere stets ein offenes Ohr für mich. Und das ist auch noch heute so. Dafür bin ich sehr dankbar.“
Demut, Hilfsbereitschaft, die absolute Abwesenheit von Arroganz – all das hat ihn schon immer ausgezeichnet. Und das ist mindestens genauso wertvoll wie die Titel, die er gewonnen hat.
Norbert Elgert über Benedikt Höwedes
Elgert erinnerte sich folgendermaßen an das damalige Talent: „Die Begabung von Benni war nicht zu übersehen. Auffällig war schon damals sein starkes Zweikampfverhalten. Er konnte ein Spiel gut lesen, hatte ein starkes Kopfballspiel und einen guten Spielaufbau. Vor allem aber hatte er ein Einstellungstalent. Das hat ihn seine gesamte Karriere lang begleitet.“
Dass Höwedes später Weltmeister geworden sei, ebenso wie seine ehemaligen Schützlinge Manuel Neuer, Mesut Özil und Julian Draxler, erfülle ihn mit großem Stolz, verriet Elgert. Eines sei aber noch viel wichtiger: „Benni war und ist ein Vorbild für unsere Jungs, für alle jungen Menschen. Respekt, Demut, Hilfsbereitschaft, die absolute Abwesenheit von Arroganz – all das hat ihn schon immer ausgezeichnet. Und das ist mindestens genauso wertvoll wie die Titel, die er gewonnen hat.“
Pflichtspiel-Premiere auf Christian Panders Position
Und davon gab es einige in Höwedes‘ Karriere. Um die wichtigsten zu nennen: Weltmeister und U21-Europameister mit Deutschland, Italienischer Meister und Pokalsieger mit Juventus Turin, Russischer Pokalsieger mit Lokomotive Moskau und natürlich Deutscher U19-Meister sowie DFB-Pokalsieger mit dem FC Schalke 04. Letztgenannte Trophäe errang Höwedes in der Saison 2010/2011 gemeinsam mit Christian Pander. Der einstige Linksverteidiger war ebenfalls zu Gast im Tibulsky und trat in der zweiten Halbzeit der Veranstaltung auf die Bühne, um gemeinsam mit Höwedes, Seveneick und allen Gästen in Erinnerungen zu schwelgen.
Einer Verletzung Panders (von denen dieser leider viel zu viele in seiner Karriere erleiden musste) hatte der damals 19 Jahre alte Höwedes am 3. Oktober 2007 sein Profidebüt zu verdanken – und das direkt in der Champions League. Beim 2:0-Sieg im norwegischen Trondheim lief das Schalker Eigengewächs als Linksverteidiger auf, ebenso wie drei Tage später auch erstmals in der Bundesliga gegen den Karlsruher SC. Im weiteren Verlauf seiner Laufbahn sollten auf die ersten beiden Einsätze 333 weitere Pflichtspiele im blau-weißen Trikot folgen.
Bene hat nicht nur auf meiner Position debütiert. Er ist dann später auch als Linksverteidiger Weltmeister geworden.
Christian Pander
Pander, Jahrgang 1983 und damit fünf Spielzeiten vor Höwedes aus der U19 in die Lizenzmannschaft aufgerückt, erklärte schmunzelnd: „Bene hat nicht nur auf meiner Position debütiert. Er ist dann später auch als Linksverteidiger Weltmeister geworden.“ Die beiden ehemaligen Jugendspieler der Königsblauen verstehen sich noch heute bestens und freuen sich immer wieder, wenn sie sich über den Weg laufen. „Einer von uns beiden hat dann immer direkt eine Anekdote aus der gemeinsamen Zeit parat“, verriet Höwedes. Und da gebe es einige. Sei es die Zeit unter Felix Magath, internationale Reisen oder Spielanalysen nach Niederlagen, die noch länger gedauert hätten als der Abend im Tibulsky.
Zu Beginn der Karriere Hütchen- und Wasserträger
Dann tauchte er noch einmal ein in seine ersten Profijahre auf Schalke. „Ich habe mit vielen großen Spielern die Kabine geteilt und dabei schnell gelernt: Erfolg kommt von harter Arbeit. In der Innenverteidigung hatte ich zu Beginn Marcelo Bordon, Mladen Krstajic, Heiko Westermann und Dario Rodriguez vor mir. Da habe ich erstmal Hütchen und Wasser im Training getragen. Mir hat es aber gutgetan, dass ich mir meinen Platz erkämpfen musste. Das hat mich für meine weitere Karriere geprägt.“
Mir hat es gutgetan, dass ich mir meinen Platz erkämpfen musste. Das hat mich für meine weitere Karriere geprägt.
Benedikt Höwedes
Zum Lachen brachte Höwedes sowie alle Gäste ein eingespieltes Schalke TV-Interview von der Zugfahrt aus Berlin nach Gelsenkirchen am Morgen des 22. Mai 2011 – also wenige Stunden nach dem gewonnenen Pokalfinale und der anschließenden Feier. „Ich war sicherlich schon einmal fitter“, resümierte Höwedes, als er sich mit Sonnenbrille und lädierter Stimme vor der Kamera sah. „Aber in dem Moment war ich einfach nur glücklich. Ein großer Titel mit dem FC Schalke 04. Jeder weiß, was mir das bedeutet hat. Und ich weiß, was es allen Fans bedeutet hat.“
Fans rührten Höwedes zu Tränen
Die Schalker Anhänger haben Höwedes in der Vergangenheit mehrmals zu Tränen gerührt. Nach der Ernennung zum Ehrenspielführer auf der Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr habe es ihn auf der Rückfahrt im Auto nochmal richtig emotional gepackt, verriet Höwedes, der seitdem in einem Atemzug mit Legenden wie Ernst Kuzorra, Berni Klodt oder Olaf Thon genannt werden kann.
Und auch nach seinem Gastspiel in der VELTINS-Arena mit Lokomotive Moskau in der Champions-League-Gruppenphase am 11. Dezember 2018 waren die Augen feucht geworden. „Ich wollte eigentlich nicht gegen Schalke spielen. Aber irgendwie war mir bei der Auslosung schon klar, dass es passieren wird“, erinnerte sich Höwedes, der vor seinem Engagement in Russland auch eine Spielzeit für Juventus Turin am Ball gewesen war. „Der Abend in der VELTINS-Arena war sehr emotional. Wie die Fans mich nach dem Abpfiff gefeiert haben, hat mich sehr berührt. Auf Schalke herrschen eine Leidenschaft und Atmosphäre, das gibt es kein zweites Mal. Das kann man mit keinem anderen Verein vergleichen.“
Am Ende meinte Höwedes: „Wenn ich zurückblicke, dann kann ich sagen: es war eine geile Zeit.“ Es folgte minutenlanger Applaus. Spätestens in diesem Moment hatte auch der letzte anwesende S04-Anhänger dem Ehrenspielführer eine kleine Jugendsünde verziehen, die dieser knapp zwei Stunden zuvor gebeichtet hatte. Höwedes: „Als Kind war ich Bayern-Fan, das kam über meinen Bruder. Als ich dann als Jugendlicher zu Schalke gewechselt bin, war ich aber sofort mit dem blau-weißen Virus infiziert.“