Gut, dass Du da bist

GRAZER AK. Erinnerung an Adi Draxler (1923-2022), Spieler für den GAK in der Zeit, als Fußball Nebensache und der Verein in großen Nöten war.

Als ich Herrn Draxler im Operncafé am Rande eines GAK-Stammtischs kennenlerne, kann ich sein Alter kaum glauben. Der mir gegenübersitzende Herr hat bis zu seinem 90. Geburtstag noch jeden Mittwoch mit seiner Hobbymannschaft Fußball in Straßgang gespielt und ich komme nicht umhin, ihn um mindestens 20 Jahre jünger zu halten. Wenn auch sein Name kaum einem GAK-Fan geläufig ist, so verdient Herr Draxler doch, als vorbildlicher Sportler des Vereins in der Zeit des Nationalsozialismus einen Ehrenplatz in unserer Vereinsgeschichte einzunehmen, gewährt doch sein sportlicher Werdegang Einblicke in eine schwierige Zeit der Klubhistorie.

Geboren 1923 spielte der in Gösting wohnhafte Adi Draxler ab 1939 in der GAK-Jugend und in weiterer Folge bis 1942 in der Kampfmannschaft des GAK. Seine Zeit als Aktiver hatte er bei der alten Austria Graz begonnen. Trainiert hatte dieser Verein auf der Hasenheide, gespielt zumeist am Sturm-Platz. Die Austria war bis zu ihrer Auflösung (1938) einer der spielstärksten Vereine der Stadt und des Bundeslandes, ihre Aktiven Hubert Gangl, der 1945 maßgeblich am Wiederaufbau des GAK beteiligt war, und Hans Krejan waren Spieler der Steirischen Auswahl. 1938 war die Austria in der höchsten steirischen Liga vertreten. Bedingt durch die Auflösung ihres Stammvereins gingen etliche Spieler der Austria zum GAK, so neben Gangl auch Wladar, Pechmann und Hugo Kotzmuth. Draxler selbst wechselte gemeinsam mit Hans Schabus zunächst in die Sturm-Jugend, doch nach rund einem halben Jahr war man beim GAK auf ihn aufmerksam geworden und sprach ihn nach einem Spiel an. „Ich habe einmal nach einem Spiel 20 Reichsmark bekommen, sonst gab es nie etwas; es gab keine Ablösen, keine Verträge, alles wurde mündlich vereinbart.“ Bereits in seinem ersten Spiel gegen die Sturmjugend erzielte Draxler das Führungstor, worauf der damals sehr geschätzte und respektierte Platzwart des GAK, Herr Menzel, ausrief: „Das ist ja eh einer von uns!“ Aus Anlass dieses Spiels ließen sich alle Spieler eine Glatze scheren, bis auf Gangl, der als Prokurist bei der Krentschker-Bank nicht mit kahlem Kopf im Büro erscheinen konnte.

Im März 1942 musste der gerade 19 Jahre alt gewordene GAK-Spieler einrücken und spielte als Soldat, stationiert in Kärnten, weiter. Draxler gründete sogleich eine Hobbymannschaft und spielte mit dieser ein Trainingsspiel gegen den KAC. „Als ich zu einem Elfmeter antrat, täuschte ich den damaligen, an sich sehr sicheren und reaktionsschnellen Tormann Edi Finger senior, mit dem ich später sehr gut befreundet war, so sehr, dass er im falschen Eck zu liegen kam. Daraufhin lief er spontan zu mir und sagte: Du musst zu uns kommen!“ Am 16. September 1942 kam es in Villach zu einem Städtewettspiel Villach gegen Rapid Klagenfurt/KAC. Damals war auch Trainerlegende Gerdi Springer mit von der Partie.

Auf Sizilien geriet Draxler in amerikanische Kriegsgefangenschaft und kehrte erst 1946 nach Graz zurück. Seine Stelle bei den Puch-Werken war aber längst vergeben und an den führenden Positionen saßen vielerorts alte Nazis bzw. Konjunktionsritter.

Der mit dem Wiederaufbau des GAK beschäftigte Karl Fiedler aber begrüßte seinen Spieler mit den Worten „Gut, dass Du da bist“. Der Wiederaufbau, auch des GAK, erforderte jedoch vollen Einsatz und tägliches Training – der Heimkehrer aber musste zuerst eine Stelle finden und kam schließlich in einem englischen Büro unter. Der Fußball trat dabei freilich in den Hintergrund. Adi Draxler blieb aber zunächst beim Post SV, später beim FC Graz-Gemeinde und der Grazer Sportvereinigung (GSV), mit der er bis in die Unterliga aufstieg, aktiv. Seit 1956 spielte er bis 2013 (!) noch in seiner Hobbymannschaft. Auf dem Foto steht Adi Draxler als Zweiter von links.

Der Fußball selbst war zu Draxlers aktiven Zeiten natürlich ein anderer. Bei einem Jugendspiel 1936 in Gösting war es vorgekommen, dass ein Spieler durch den schweren nassen Ball bei einem Out-Kopfball beinahe K.o. ging. Zum Sportplatz nach Gösting gingen die Kinder vom Augartenplatz weg zu Fuß und querten die Mur mit der seinerzeitigen Fähre, an die heute noch die Überfuhrgasse erinnert.

Eine Reise nach Pecs 1947 mit dem Post SV entbehrte ebenfalls nicht gewisser Anekdoten. Die Spieler mussten vier Stunden an der Grenze warten, am Bahnhof in Ungarn endlich angekommen wurde ein ebenfalls sich im Zug befindlicher russischer Funktionär festlich empfangen, die Gastmannschaft aus Österreich hingegen ignoriert.

In der schwierigen Zeit des Krieges war der Zusammenhalt der Fußballer vereinsübergreifend groß, man kannte einander und die Rivalität beschränkte sich rein auf den Platz. Unzählige Spieler haben den Krieg nicht überlebt und jene, die wie Adi Draxler heimkehrten, haben nicht nur für das Land, sondern auch für den steirischen Fußball ein nicht hoch genug zu schätzendes Aufbauwerk geleistet. Dafür gebührt ihm, stellvertretend für die vielen, unsere Hochachtung und unser Dank!

Michael Rath. Foto: Sammlung GAK 1902.

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