„Der Jahn steigt auf!“ – Schöner Ausstellungserfolg in Regensburg

REGENSBURG. Am 11. Februar 2024 endete im Historischen Museum Regensburg nach gut zwei Monaten die Sonderausstellung „1-3-2 I Der Jahn steigt auf!“ von Jahn Archiv und Stadtarchiv Regensburg. Immerhin 2361 Besucher wollten die erste, im öffentlichen Raum natürlich kostenpflichtige, Schau dieser Art und dieses Umfangs über den Drittligisten SSV Jahn Regensburg im bis dato sich gänzlich gegenwartsnaher Geschichte enthaltenden Flaggschiff des städtischen Museumswesens der Donaumetropole sehen.

Das in einem ehemaligen Klosterbau untergebrachte und im Jahre 1948 eröffnete Historische Museum hat sich auf die Früh- und Hochzeit der Geschichte Regensburgs spezialisiert. Das bedeutet in einer im Jahre 179 nach Christus gegründeten Stadt eine umfangreiche und hochangesehene Römersammlung ebenso wie eine profunde Abteilung zum Mittelalter, als Regensburg zeitweise bairische Hauptstadt und später deutsche Handelsmetropole war, und zur Frühen Neuzeit, in der die Domstadt als Ort des Immerwährenden Reichstags (1663-1803) europäische Parlamentsgeschichte schrieb. Mit der Hereinnahme eines Stadionschildes aus dem 2017 abgeräumten alten Jahnstadion wurde erst vor wenigen Jahren ein „Museumsstück“ aus dem 20. Jahrhundert in die Dauerausstellung hereingeholt worden. Dieses bislang ein wenig als Fremdkörper wirkendes Artefakt war es wohl, der den Ausstellungsmachern im Herbst 2023 den Weg ins Historische Museum ebnete. Die bis Ende des Vorjahres amtierende Museumsdirektorin PD Dr. Doris Gerstl ermöglichte es, die ursprünglich im Stadtarchiv als reine Plakatausstellung geplante Schau zu den sich 2023 in besonderer Weise jährenden Aufstiegen des SSV Jahn in die Oberliga 1953, Bayernliga 1983 und 2. Bundesliga 2003 (daher 1-3-2.Liga) im Historischen Museum durchzuführen. Für das ehrenamtlich arbeitende Jahn Archiv um Jahn Archivar Prof. Dr. Wolfgang Otto und die Archivbeiräte Martina Köglmeier und Maximilian Filchner bedeutete dies freilich, innerhalb weniger Wochen sechs Ausstellungsräume zu füllen. Eine Aufgabe, die man zusammen mit dem Stadtarchiv um Lorenz Baibl, Köglmeier und Günther Handel sowie PD Dr. Gerstl, Dr. Roman Smolorz und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vom Ausstellungsbau des Historischen Museums gemeistert hat.

In den ersten Wochen wurde der am 2. Dezember gestarteten Ausstellung zwar von der erfreulichen sportlichen Entwicklung der Jetztzeit bis kurz vor den Weihnachtsfeiertagen etwas „die Schau“ erfreulicherweise gestohlen. Daneben überschattete traurigerweise der wenige Tage zuvor zu beklagende Tod des Jahn-Profis Agyemang Diawusie die Szenerie. Eine große Eröffnungsfeierlichkeit mit Ehemaligen wurde von den Veranstaltern naturgemäß kurzfristig abgesagt, in der Ausstellung wurde der Verstorbene auch inhaltlich gewürdigt.

So kam die Kunde von der Ausstellung erst zwischen den Jahren richtig an, was bei den zwei Mal wöchentlich kostenfrei angebotenen Führungen durch die Ausstellung von Jahn Archiv in Zusammenarbeit mit Cultheca Kulturvermittlung deutlich bemerkt wurde, als teilweise über 30 Personen in die Nachkriegsgeschichte des Fußballs entführt wurden. Aber auch das Stadtarchiv wurde nachträglich noch Schauplatz der Ausstellung und zwar in Form des FußballhisTORischen Symposiums „Prag, Wien, Regensburg und der Fußball“, das anlässlich der Ausstellung im Rahmen des Deutsch-Tschechischen Kolloquiums der Fördergesellschaft für Europäische Kommunikation abgehalten wurde. Im Runtingersaal, einem der renommiertesten Veranstaltungsorte Regensburgs, um das herum vor dem geplanten Umzug in moderne Räumlichkeiten auch das Stadtarchiv lokalisiert ist, versammelten sich am 2. Februar Fans, Interessierte, ehemalige Aktive und eine ganze Reihe echter Experten.

Da wurde nach einer allgemeinen historischen Einordnung von Dr. Georg Köglmeier (Universität Regensburg) der Bogen von den Anfängen des Fußballs in Prag (Christoph Mauerer vom DFC Prag, Westböhmische Universität Pilsen), den großen Wiener Fußballzeiten mit den späteren Jahn-Trainern Franz Binder und Josef Uridil (durch den zugeschalteten Rapideum-Leiter Julian Schneps) bis zur Arbeit der Deutsch-Tschechischen Fußballschule geschlagen, deren Arbeit vom aus Berlin angereisten Historiker und Mitgründer dieses vorbildlichen sowohl qualitativ wie auch quantitativ hochwertigen Projekts, Gerald Prell, präsentiert wurde. Für den durch Krankheit leider verhinderten Dr. Stefan Zwicker, der Prag als mitteleuropäische Fußballmetropole vorstellen wollte, gab es noch einen hochspannenden Exkurs zu den Anfängen des Dresdener Fußballs durch einen von Dr. Hans-Peter Hock zur Verfügung gestellten Vortrag, der nicht nur den anwesenden bekannten Fußball-Chronisten Udo Luy aus Unterfranken elektrisierte.

Nach der Pause wurde es mit einem Rückblick auf die in der Jahn-Ausstellung thematisierten Aufstiege 1953, 1983 und 2003 und die Zeit dazwischen durch das Jahn Archiv mit Tagungsleiter Prof. Dr. Otto und Historiker Maximilian Filchner wieder lokal. Doch auch hier gab es erfreulicherweise Auffrischung von außen, etwa durch einen Beitrag von Christian Karn (Archivar von Mainz 05), der für die Veranstaltung den Zweitliga-Lizenzverzicht des heutigen Bundesligisten im Jahr 1976, von dem einst Jahn profitierte, Revue passieren ließ (damit waren insgesamt drei Vereine des Netzwerks Deutschsprachiger Fußballmuseen und Vereinsarchive am Symposium beteiligt), und Historiker Lorenz Burger, der über die äußerst positiven ersten Erfahrungen seiner Cultheca Kulturvermittlung mit einem sporthistorischen Thema berichtete. Anschließend ging es in das Historische Museum, wo den etwa 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter ein Großteil der Aufstiegsmannschaft von 1983 mit ihrem Trainer Klaus Sturm, eine Sonderführung geboten wurde.

Apropos Führungen: neben den 15 Turnusführungen gestaltete das Jahn Archiv noch vier Sonderführungen, u.a. für die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins, die Drittliga-Mannschaft des SSV Jahn und das Regensburger Fanprojekt, bei denen insgesamt über 400 Personen ganz tief in die Jahn Geschichte eintauchen konnten. Leider gilt auch für die Ausstellung „1-3-2 I Der Jahn steigt auf!“ – wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören. Von einer im Raum stehenden Verlängerung der Ausstellung musste wegen der Neueröffnung eines weiteren Städtischen Museums mit internationaler Ausrichtung (über den in Regensburg gestorbenen Genius Johannes Keppler) aus personellen Gründen Abstand genommen werden. Allein in den letzten neun Ausstellungstagen wurden im Bereich der Ausstellung um die 600 Personen gezählt, so dass ein Großteil des Ausstellungsteams am 7. Februar mit der 18jährigen Sophie Sparrer die zwischenzeitlich 2000. Besucherin begrüßen konnte (im Foto der Bilddokumentation Regensburg).

Der positive Effekt der Jahn-Schau auf das im thematischen und personellen Umbruch befindliche Historische Museum wurde wenige Tage später auch von der seit Jahresbeginn mit der Neuaufstellung desselben beauftragten Koordinatorin Dr. Alexandra Brack und Kulturreferent Wolfgang Dersch gewürdigt, so dass eine Rückkehr des Jahn ins Museum nicht ausgeschlossen scheint. Das Jahn Archiv steht zur Verfügung!

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